Made in Thüringen
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Infrastrukturen in ländlichen Räumen
aufrechterhalten? Investitionen in noch
mehr Kultur? Das Thüringen-Paradox
aus Zuviel und Zuwenig an gebautem
Raum ist eine besondere gesellschaftli-
che Herausforderung. Die drei größeren
Städte der Landesmitte–Erfurt, Weimar,
Jena – wachsen. Die Folgen sind be-
kannt und gleichen denen anderer
deutscher Großstädte: Engpässe im
Wohnraumangebot und steigende
Mieten. In unmittelbarer Nachbarschaft
dieser stabilen ‚Thüringer Mitte’ ringen
Kommunen einerseits seit Jahren um
die Nutzung ihres Gebäudebestandes,
weisen aber andererseits doch nicht
selten Bauland aus. Selbstverständlich
hätte das neue Logistikzentrum, das mit
120.000 m
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in Erfurt neu gebaut wurde,
vielfach Platz in den rund drei Millionen
Quadratmetern Leerstand von Nicht-
wohngebäuden überall im Land. Aber
Theorie hilft hier wenig; das Zuviel in
Thüringen steht in der Regel am fal-
schen Ort, hat die falsche Größe, keine
passenden Räume und ein undichtes
Dach.
IBA-Baustelle LeerGut
Mit der Baustelle LeerGut hat sich die
IBA Thüringen in einem ihrer fünf
Arbeitsschwerpunkte für einen innova-
tiven Versuchsaufbau aus Leerstand-
situation und zukünftigen (Nutzungs-)
Potenzialen entschieden. Derzeit sind
mehrere IBA-Kandidaten als prototypi-
sche Projektprozesse bzw. Träger in der
Baustelle LeerGut aktiv, weitere sollen
bis Ende 2016 folgen.
Die Stadt Apolda arbeitet an Leer-
standsobjekten und Brachenstandorten
rund um den Bahnhof, die die ehemali-
ge industrielle Identität der Stadt ver-
körpern. Der frühere Produktionsstand-
ort ‚Eiermannbau’ ist dabei eines der
Vorhaben, der bereits in seiner eigenen,
rund 100-jährigen Architekturgeschich-
te mehrere Umbau- und Umnutzungs-
momente aufzeigt.
Das Schwarzatal weist mit der Som-
merfrische eine besonders schöne his-
torische Bausubstanz auf, die leider zu
erheblichen Teilen nicht mehr für
Feriengäste genutzt wird. In der wald-
reichen Region Schwarzatal, gekrönt
vom Schloss Schwarzburg, könnte eine
neue Sommerfrische ‚erfunden’ werden,
die auch einen Beitrag zu einer
zukunftsfesten Daseinsvorsorge im
ländlichen Raum leistet. Das ehemals
leerstehende Bahnhofsgebäude in Rot-
tenbach wird bereits jetzt zu einem
BahnHofLaden umgebaut und soll ein
sozialer Knoten für Bewohner und
Besucher der Region werden.
In Gera wird die große Stadtbrache in
der Mitte der Stadt in den Blick einer
bürgerschaftlichen Entwicklungsarbeit
genommen. Nachdem alle Hoffnungen
auf erfolgreiche Investorenvermarktung
in den letzten Jahren gescheitert waren,
soll nun nach einem internationalen
Ideenwettbewerb ein städtebaulicher
Entwicklungsrahmen Klarheit über die
langfristig zu bebauenden und die frei
zu haltenden öffentlichen Flächen
schaffen. Dazwischen wird es eine ge-
raume Zeit von Zwischennutzungen ge-
ben.
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LeerGut in Thüringen. 45 aus 45.000 –
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Fotografien von Leerständen in Thüringen.
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