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Made in Thüringen

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Foto: TU Ilmenau/Carmel Johnston

Die ehemalige Studentin und Doktorandin

der Technischen Universität Ilmenau Chris-

tiane Heinicke beendete am 28. August eine

einjährige Studie, bei der die Lebensbedin-

gungen in einer Marsstation simuliert wur-

den. Als einzige Deutsche war die 30-jährige

Wissenschaftlerin nach einem strengen

Auswahlverfahren für die Hawaii Space Ex-

ploration Analog and Simulation (HI-SEAS)-

Mission ausgewählt worden, die von der

amerikanischen Weltraumagentur NASA fi-

nanziert und von der University of Hawaii

durchgeführt wurde. Ziel der Studie: die

Faktoren zu bestimmen, die die Gruppen-

dynamik auf künftigen Marsmissionen be-

einflussen können. Dafür lebten sechs Wis-

senschaftler aus vier Ländern 365 Tage lang

in einem abgeschiedenen Habitat auf halber

Höhe des Vulkans Mauna Loa auf Hawaii.

Ilmenauer Absolventin beendet

simulierte Marsmission

D

ie Erkenntnisse aus der HI-SEAS-

Mission sollen der NASA helfen,

eine möglichst gute Crew für eine lange

Marsmission zusammenzustellen. Je

länger eine Weltraummission dauert,

desto wichtiger ist es, dass die Team-

mitglieder zueinander passen. Wie ent-

wickelt sich das Verhalten der Crewmit-

glieder zueinander, wenn sie über einen

langen Zeitraum in völliger Isolation auf

engstem Raum zusammenleben? Wie

verändert sich ihre Zusammenarbeit?

Wer übernimmt welche Rolle? Wie wir-

ken sich die extremen körperlichen und

mentalen Anforderungen auf die Männ-

er und Frauen aus? Die Antworten auf

diese Fragen sind entscheidend für die

richtige Zusammensetzung einer künf-

tigen Crew und damit für den Erfolg von

Weltraummissionen.

Mit 365 Tagen ist die HI-SEAS-Studie

die bislang längste Marssimulation die-

ser Art. Dr. Christiane Heinicke erinnert

sich, dass die Gruppe schon nach weni-

gen Monaten auseinanderdriftete:

„Während unserer routinemäßigen Be-

sprechungen beim Abendessen grup-

pierten sich die immer gleichen Perso-

nen zu Streitparteien. Dann ging es zum

Beispiel um die unterschiedliche Ein-

schätzung der Gefahren während der

EVAs, wie wir die Außeneinsätze, auf

Englisch: Extravehicular Activities,

nannten, über Lavagestein. Eines meiner

negativsten Erlebnisse war, als wir he-

rausfanden, dass ein Crewmitglied hin-

ter unserem Rücken per E-Mail mit der

Studienleitung über die Sicherheit au-

ßerhalb des Habitats diskutiert hatte.

Dabei hatte diese Person seit längerem

an praktisch keinem Außeneinsatz mehr

teilgenommen und ihre ,Offenlegungen‘

drohten, die Bewegungsfreiheit der an-

deren einzuschränken. Zum Glück

schloss sich die Studienleitung der

Mehrheitsmeinung der Crew an.“

Die Gruppe der sechs Wissenschaftler,

drei Männer und drei Frauen, lebte auf

engstem Raum zusammen: Die kuppel-

förmige HI-SEAS-Station hat einen

Durchmesser von elf Metern. Die Ex-

tremsituation, 365 Tage lang 24 Stun-

den am Tag beengt zusammenzuleben,

hat alle Mitglieder an ihre Grenzen ge-

führt. Dabei lagen die aber, so Christiane

Heinicke, für jeden woanders: „Die einen

erreichten die Grenzen ihres Könnens,

zum Beispiel wenn Reparaturen not-

wendig waren, und waren auf die Hilfe

der anderen angewiesen. Andere er-

reichten die Grenzen ihrer Geduld, wenn

dasselbe, in ihren Augen absurde Streit-

thema wieder und wieder aufgegriffen

wurde. Am Ende des Tages haben wir

uns aber immer wieder zusammenge-

rauft und auf das gemeinsame Ziel zu-

gearbeitet: die Mission erfolgreich zu

Ende zu bringen.“

Telefonieren war für die Crewmitglieder

von der HI-SEAS-Station unmöglich,

denn jede Kommunikation mit der

„Erde“ wurde um 20 Minuten verzögert,

um die riesige interplanetare Entfer-

nung zwischen Erde und Mars zu simu-

lieren. Zwischen 56 Millionen und

101 Millionen Kilometern schwankt die

Entfernung, da sich beide Planeten

nicht synchron um die Sonne bewegen.

:

Christiane Heinicke vor der HI-SEAS-Station

: